11 - Expert*innengespräch "Religionsunterricht in Bayern" - Input II übergreifend: Zusammenschau der beiden Studien; mögliche Konsequenzen für Religionsunterricht, Religionslehrerbildung und Forschung [ID:9523]
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Ich finde es eine ausgezeichnete Art und Weise, dass wir auch die Rezeption und Interpretation

einer solchen Studie im Diskurs, im kollegialen Diskurs voranbringen.

Ich glaube, das nützt einer solchen Unternehmung.

In der Zeit wird freilich dazu führen, dass sich nur ganz exemplarisch einige Aspekte

hier aus der Zusammenschau der Ergebnisse aufnehmen kann.

Ich will aber nicht verhehlen, dass es auch aus prinzipiellen Gründen nicht leicht

fehlt, eine Zusammenschau der vorliegenden Studien zu bieten. Es wird

meines Erachtens heute sehr schnell von Triangulation gesprochen und nicht

geklärt, was genau trianguliert wird. Ich bin auch skeptisch, wenn so schnell von

Validierung gesprochen wird. Ich will wissen, was genau validiert wird,

welche Beobachtungen werden validiert, wenn so unterschiedliche Samples hier

gefragt werden. Mein Kontext etwa der empirischen

Bildungsforschung in Tübingen ist da sehr sehr skeptisch, was solche Ansprüche

angeht und will sehr genau wissen, was man macht. Ich ruf nochmal in Erinnerung,

dass wir ja zwei sehr unterschiedliche Samples jetzt bei der MNIT-Studie haben.

Menschen, die zum Teil seit 40, 50 Jahren nicht mehr die Schule besuchen und auf

der anderen Seite die Lehrerschaft, die sehr sehr dicht an dem Alltag der Schule

ist. Wir haben deshalb bei der Einschätzung der Befunde, bei der

Interpretation der Befunde aus der MNIT-Studie in Rechnung zu stellen, dass

hier Erinnerungseffekte eine sehr große Rolle spielen. Das heißt, die Erinnerung

verändert ja das, was man in Vergangenheit erfahren hat. Es ist nicht

die Realität, die erinnert wird. Die Erinnerung ist konstruktiv und wenn man

einen objektiven Bericht will, ist sie verzerrend. Zweitens haben wir im

doppelten Sinne Kohorteneffekte. Kohorteneffekte insofern, das wurde mehrfach

angesprochen, als der Religionsunterricht, der von verschiedenen

Altersgruppen besucht und erlebt wurde, ein unterschiedlicher Religionsunterricht war.

In der Zeit, in der hier zurückgeblickt wird, hat sich der Religionsunterricht

mehrfach weitreichend verändert. Das ist die eine Seite der Kohorte, zum

anderen hat sich aber auch die Kohorte selbst verändert.

Das heißt, nicht nur wird der Religionsunterricht anders, sondern er

wird anders wahrgenommen, anders eingeschätzt und das macht es natürlich

sehr, sehr schwierig, das in ein Verhältnis zu der heutigen Wahrnehmung

zu setzen. Ich meine, dass der besondere Wert der MNIT-Studie

tatsächlich genau in dem liegt, was sie vorhat. Sie will wissen, wie ist die

Einstellung in der allgemeinen Bevölkerung zum Religionsunterricht

heute. Darüber gibt es sich sehr gute Auskunft, aber nicht zwingend über den

Religionsunterricht und seine Realität. Die zweite Studie, wie gesagt, befasst

sich mit Religionslehrerinnen und Lehrern, die gegenwärtig in Bayern tätig sind.

Sie betrifft damit sehr viel direkter den Religionsunterricht, aber wiederum in

einer spezifischen Perspektive. Durchweg werden Selbstwahrnehmungen und

Selbstbeschreibungen der Lehrkräfte erfasst, wobei zu bedenken bleibt, dass

Selbstaussagen dieser Art sich erheblich vom tatsächlichen Unterricht

unterscheiden können. Insofern ist der Vergleich mit Wahrnehmungen aus der

Schülerperspektive, wie sie Sie gerade beschrieben haben, aus meiner Sicht

unbedingt sinnvoll und besonders interessant. Aber auch aus diesem, auch in

diesem Falle sind aus meiner Sicht keine direkten Verknüpfungen möglich. Ich

würde mich dafür aussprechen, wenn diese beiden Studien verbunden werden,

dass nicht nach 1 zu 1 Verknüpfungen von Befunden gesucht wird, sondern die drei

Studien, jetzt bewusst alle drei, eher wie Scheinwerfer verstanden werden, die alle

drei in unterschiedlicher Weise ein und dasselbe Feld, den Religionsunterricht

Presenters

Prof. Dr. Friedrich Schweitzer Prof. Dr. Friedrich Schweitzer

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:21:53 Min

Aufnahmedatum

2018-06-08

Hochgeladen am

2018-10-01 15:25:34

Sprache

de-DE

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